Persönlichkeiten

“Mir fallen einfach keine Vorteile für Massivbau ein”

Johannes Berger ist gelernter Zimmermann. Seit 2009 führt er mit der Soester Holzhaus GmbH ein Unternehmen, das besonders ökologische und nachhaltige Holzhäuser fertigt. Im Interview verrät er uns, was seine Häuser ausmacht, wie er Kunden davon überzeugt und warum er die Holzbauweise für die beste hält.



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Die Soester Holzhaus GmbH baut seit den 80er-Jahren Häuser, die nur aus ökologischen und ressourcenschonenden Materialien gefertigt sind. Bereits 1986 erhielt sie dafür einen Preis für ökologische Bauweise des Landesministers in NRW. Seitdem hat sie ihre Holzhäuser kontinuierlich weiterentwickelt und ist doch ihren Grundsätzen von damals treu geblieben. Heute gehört Soester Holzhaus zu materio - eine neu formierte Unternehmensgruppe rund um den professionellen Holzbau. Geführt wird das Unternehmen seit 2009 von Johannes Berger, der als gelernter Zimmermann die ursprünglichen Linien des Betriebes wie kein anderer verkörpert. Und genau das macht Soester Holzhaus so überzeugend. “Ich glaube die Entscheidung für ein Holzhaus fällt, bevor die Leute zu uns kommen. Zumindest ist ein Grundinteresse da. D.h. es kommen Menschen, die sich für ökologische Materialien entscheiden oder entscheiden wollen, die ökologisches Bauen interessant finden. Danach ist es oftmals eine Bauchentscheidung zu gucken: Welche Firma schaue ich mir an und wie gehen die mit dem Thema des ökologischen Bauens um? Und ich glaube wir verfolgen das sehr konsequent. Das unterscheidet uns von vielen anderen.”

Johannes Berger ist seit 2009 Geschäftsführer von Soester Holzhaus. Gemeinsam mit seinen Partnern Rolf Schottmüller und Stefan Nöcker erweiterte er das Geschäft auf den Bau und die Finanzierung von Kitas. Dafür gründeten sie die materio-Gruppe. Der natürliche Werkstoff Holz und eine nachhaltige Gesamtausrichtung stehen im Mittelpunkt ihrer Bauphilosophie.

Diese Konsequenz zeigt sich in einem ganzheitlichen Ansatz, der sich durch alle Bereiche des Hauses zieht: Von der Heiztechnik etwa mit Pelletheizungen oder Erdwärmepumpen über eine reine Zellulosedämmung bis hin zu den Fenstern. Hier werden lediglich Modelle aus Holz oder Holz-Aluminium eingesetzt. Nur einmal ist ein Bauvorhaben an dem Wunsch eines Kunden nach PVC-Fenstern gescheitert. Die aber lehnt Berger grundsätzlich ab. Und verzichtet stattdessen lieber auf den Auftrag.

Ökologisch bauen? Ja! Aber...

Diese klare Haltung mag nicht überraschen für jemanden, der es sich auf die Fahne geschrieben hat, besonders nachhaltig und ökologisch zu bauen. Tatsächlich zeigt sich aber gerade im Bereich der Fenster nach wie vor eine Ambivalenz bei Holzhausbauern und auch bei Bauherren. So wollen zwar immer mehr Menschen ökologisch bauen, weichen aber beim Thema Fenster von ihren Prinzipien ab - und entscheiden sich für die PVC-Variante. Johannes Berger meint zumindest einen Grund dafür zu kennen. “Ich glaube der Ansatz ist der, dass die Holzfenster oftmals noch ein schlechtes Image haben und die Leute sagen ‘Die muss ich jeden Tag streichen’. So ungefähr: ‘Da bin ich nur mit dem Pinsel unterwegs und da habe ich keine Lust zu’.” Diese Sorge könne man den Menschen allerdings ganz einfach nehmen, indem man ihnen moderne Holzfenster zeige, die auch nach zehn oder 15 Jahren noch immer einwandfrei aussehen. Das gelte übrigens ebenso für andere Elemente eines Holzhauses, etwa eine Holzfassade. Eine gute Pflege sei dennoch unerlässlich, so Berger. Trotz enormer Entwicklungen, zahlreicher Innovationen und einer heute sehr hohen Qualität im Bereich des Bauens mit Holz bleiben Deutsche skeptisch. Holzhäuser etwa haben in Deutschland einen Marktanteil von circa 16 Prozent. Zum Vergleich: In Skandinavien sind es 90 Prozent. Und das, obwohl Deutschland über die größten Holzvorräte Europas verfügt. Warum ist das so? Der Stein macht’s! Wirklich? “Es gibt noch immer ein festsitzendes Gerücht: ‘Massive Häuser sind richtige Häuser. Das sind die echten Häuser und alles andere sind Fertighäuser’. Das haben wir uns auch schön selber verbockt, die Holzhäuser- oder die Fertighausindustrie, indem wir in den 60ern, 70ern, 80ern zum Teil Müll gebaut haben. Da sind die Häuser verschimmelt. Die waren einfach Schrott.”

“Es gibt noch immer ein festsitzendes Gerücht: ‘Massive Häuser sind richtige Häuser. Das sind die echten Häuser und alles andere sind Fertighäuser’. Das haben wir, die Fertighaus-Industrie, uns auch schön selber verbockt, indem wir in den 60ern, 70ern, 80ern zum Teil Müll gebaut haben. Da sind die Häuser verschimmelt. Die waren einfach Schrott.”

So ehrlich kann nur jemand antworten, der weiß, dass diese Zeiten längst vorbei sind. “Was man merkt ist, dass sich das Image gedreht hat von ‘Ach, ihr baut ein Holzhaus, kein richtiges Haus’ zu ‘Oh, ihr könnt euch ein Holzhaus leisten’”, so Berger. Das liegt zum einen sicherlich an der mittlerweile sehr hohen Qualität moderner Holzhäuser, aber auch an dem stetig wachsenden Wunsch vieler Bauherren, nachhaltig und ökologisch zu bauen. Genau mit diesen Dingen punktet ein modernes Holzhaus. Johannes Berger sieht die größten Vorteile vor allem im gesunden Wohnklima, der guten Wärmedämmung sowie der Nutzung nachwachsender Rohstoffe, die Umwelt und Ressourcen schont, aber auch in einer kurzen Bauzeit mit ausschließlich trockenen Materialien und der hohen Flexibilität des Materials. “Mir fallen andersherum einfach auch keine Vorteile für Massivbau ein”, fügt er hinzu. “Wenn ich es wüsste, würde ich es bauen.” Ebendiese Haltung reißt mit. Berger und sein Team sind schlicht davon überzeugt, “dass das die bessere Art zu Bauen ist. Die bessere Art mit Ressourcen umzugehen. Und ich glaube, wenn man von etwas sehr überzeugt ist, dann fällt es einem leichter die Menschen an der Stelle mitzunehmen

Ausdruckstarkes Holzhaus: Das Haus M, gebaut von materio / Soester Holzhaus
oder Argumente zu sammeln, um diejenigen in die Richtung zu begleiten oder auch zu überzeugen, die an das Thema völlig anders rangegangen sind.”” Den hartgesottenen Skeptiker erreicht Johannes Berger mit diesen Argumenten allein allerdings nicht. “Ich glaube, dass man das nicht wegdiskutieren kann, sondern man muss es den Leuten zeigen. Ich lade die Leute immer ein, sich Häuser anzugucken, in denen echte Menschen wohnen - die dann idealerweise auch noch gut über unsere Bauzeit reden und wie wohl sie sich in dem Haus fühlen. Dann hat man plötzlich eine ganz andere Argumentationsgrundlage als wenn man versucht Vorurteile wegzudiskutieren. Wenn Sie es gesehen haben und gespürt haben und gerochen haben, dann wird das deutlich besser.”

Kein Haus wie jedes andere

Die Holzhäuser, die Johannes Berger baut, überzeugen nicht zuletzt durch ihre Einzigartigkeit. “Wir haben noch nie das gleiche Haus zweimal gebaut. Bei uns bekommt jeder Kunde, der eigene Wünsche und ein eigenes Grundstück mit eigenem Baurecht hat, immer mindestens ein Beratungsgespräch mit einem Architekten, meistens mehrere. Der Plan wird dann nach den Wünschen, Vorstellungen, Budget und dem Baurecht, die das Ganze so mit sich bringt, entwickelt. D.h. es gibt bei uns keine Fertighaustypen, weil wir keine Fertighäuser bauen.”

“Wir haben noch nie das gleiche Haus zweimal gebaut. Bei uns bekommt jeder Kunde immer mindestens ein Beratungsgespräch mit einem Architekten, meistens mehrere. Es gibt bei uns keine Fertighaustypen, weil wir keine Fertighäuser bauen.”

An Individualität muss es beim Holzhaus also auch nicht mangeln. Einzig der Schallschutz stelle eine gewisse Herausforderung dar - allerdings keine, die sich nicht meistern ließe, so Berger. “Wenn ich Schallschutzanforderungen habe, muss ich einfach mehr investieren in mehr Masse. Das geht über Aufbauten, über Massivholzdecken, Schallschutzfenster usw. Letztendlich lässt sich das alles lösen.” Im Einfamilienbereich träten diese Fälle allerdings selten auf, ergänzt er. Seiner Meinung nach liegen die Vorteile des Holzhauses gegenüber einem Massivhaus klar auf der Hand. Bleibt nur die Frage: Ökologisch und nachhaltig, aber trotzdem bezahlbar bauen - geht das? Johannes Berger hat darauf eine deutliche Antwort. “Ich glaube wir machen das ständig. Wichtig ist von Anfang an offen über das Budget zu sprechen, um nicht irgendwelche Luftschlösser zu planen, die nachher nicht bezahlbar sind. Deswegen: Das Baurecht, das Budget und die Wünsche des Kunden müssen übereinander gebracht werden. Und dann funktioniert’s. Ökologische Baustoffe sind sicherlich einen Hauch teurer, aber das macht vielleicht zwei, drei Prozent aus auf die Gesamtsumme. Ich glaube nicht, dass daran der Bauwille scheitert. Da würde ich doch lieber zur Säge greifen und ein bisschen Eigenleistung machen, bevor ich mir irgendwelche Dinge einbaue, die was die Materialität angeht grober Unfug sind.”

Keine Angst vor großen Herausforderungen

Neben dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe und der gesunden Wohnqualität punkten Holzbauten mit einer zügigen Errichtungszeit. Genau das macht sie auch für größere Bauvorhaben interessant, die in kurzer Zeit in hoher Qualität realisiert werden müssen. Unter anderem aus diesem Grund setzt Johannes Berger zusammen mit seinen Partnern Stefan Nöcker und Rolf Schottmüller der materio-Gruppe seit einiger Zeit auch Bauprojekte für nicht-private Bauherren um. Dazu zählen derzeit vor allem Kindergärten. Dass sie die so zahlreich bauen, war allerdings mehr Zufall als Kalkül. “Das Kindergartenthema ist nicht durch uns so aktuell, sondern durch die Politik. Es gibt mittlerweile die rechtliche Pflicht, U3-Kindergartenplätze anzubieten, sodass viele Kommunen, die das jahrelang ausgesessen haben, plötzlich ein Riesenproblem kriegen und Menschen brauchen, die in kurzer Zeit in einer guten Qualität zu einem bezahlbaren Preis Kindergärten bauen können. An der Stelle waren wir prädestiniert.”

Abgesehen davon profitieren auch die kleinen Nutzer von dieser Entwicklung. “Ein ökologisches Haus und Kinder, was könnte besser zusammen passen?”, so Berger

Die rasche Errichtung hochwertiger Kindergärten ist allerdings nicht die einzige Herausforderung, die die Holzbauweise zu lösen vermag. In der Zukunft werde es für immer mehr Menschen immer schwieriger, geeignete Baugrundstücke zu finden. Eine Verknappung des Wohnraums mache es daher insbesondere in Ballungsgebieten nötig, über die Errichtung mehrgeschossiger Holzbauten nachzudenken, erklärt Berger. Anforderungen an Statik, Brandschutz oder Beständigkeit des Materials stellen für den Baustoff Holz dabei kein Hindernis dar. Im Gegenteil: “Holz ist den meisten anderen Materialien bauphysikalisch einfach überlegen”, sagte einmal der Architekt Tom Kaden, der als ein Pionier des mehrgeschossigen Holzbaus in Deutschland gilt, in einem Gespräch mit der FAZ. Auch Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass mehrgeschossige Holzbauten schon heute möglich sind. So entstehen gerade in Bergen, in Wien und in Vancouver Hochhäuser aus Holz, die bis zu 30 Stockwerke hoch in den Himmel ragen werden. In Deutschland schränkt derzeit noch das Baurecht solche Projekte ein, doch das dürfte sich bald ändern. Für Johannes Berger gehört das Thema mehrgeschossiger Holzbauten in jedem Fall zu den spannendsten Herausforderungen der nächsten Jahre, sodass er sich nach Einfamilienhäusern und großen Bauprojekten wie den Kindergärten wohl nicht lange nach neuen Vorhaben umsehen muss. “Ich habe genug zu tun”, schließt er ab und lacht.


Hubert ist das neue Online-Magazin für Holz-Kultur, das hochwertige und mitreißende Beiträge rund um den Baustoff Holz liefert. Hubert wird herausgegeben von Sorpetaler Fensterbau.

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